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Bild-Zeitung
oder BILD dir deine Meinung oder Schlagzeilen statt Schlafzeilen?

Was meine Schüler/innen erfahren, wenn sie die Gelegenheit nehmen sich zu BILDen. Ich unterstelle, nicht wenigen Elternteilen stände es gut, dies auch zu erfahren.

Einstieg:
Abends beim Bier überlegten einmal Redakteure der Frankfurter Rundschau, wie die optimale Bild-Schlagseite aussehen müsste. Eine Schlagseite, in der alle Klischees, mit denen die Zeitung arbeitet, um die Leser zu fangen, schlagwortartig zum Ausdruck kommt. Ein Journalist formulierte sie dann so: "Blinder deutscher Schäferhund leckt Marylin Monroe Brustkrebs weg."

Sie gibt messerscharf Antwort auf die Frage, was den durchschnittlichen BILD-Leser interessiert: "Umschau, Überblick, einen leichten Morgenschock, Klatsch, Sex und vor allem Personality." Ja, da ist etwas dran, den Menschen interessiert nichts so sehr wie der Mensch. Und dies macht sich BILD eben zu nutze.

Wie kann man den BILD-Stil (Dies hat nichts mit Stielaugen oder einem Besenstiel zu tun.) bezeichnen?

Als Antwort lässt sich folgendes nennen:

Sachverhalte werden grammatisch und auch inhaltlich verknappt und vereinfacht dargestellt:

Der Sprachstil ist durch Einwortsätze, kurze Sätze, häufig Doppelpunkt/Bildestrich, Ausrufezeichen und Angst machende, menschlich rührende, dramatische, action- Sprache gekennzeichnet.

BILD arbeitet bevorzugt mit Schlagwörtern und sprachlichen Bildern. ("Schamlos-Prinz" statt "schamloser Prinz" oder "Sonnenbrand-Hitze", "Schlechtschreibereform", "Schrumpfrente" oder "Maulkorb-Urteil")
Es ist eine Art Mischung von Nachricht und Unterhaltung, also nachrichtlicher und meinungsbezogener, persönlicher Information. Eine seriöse Zeitung macht das nicht.

Nebensächliches wird aufgebauscht, Klatsch und Tratsch herrschen vor.

Ein Übermaß an Bagatellberichterstattung (für das einfache Gemüt) kann festgestellt werden.

Ein Beispiel: Mittwochausgabe, 20. Dezember 2006
Ich war erschrocken bei der Lektüre und musste denken, das kann man doch nicht machen und las: "Lesbe (taubstumm) sticht Lesbe (auch taubstumm) nieder, weil sie sie mit einem Mann (auch taubstumm) betrogen hat."
Mir fiel der Blick auf die Dachzeile und da stand; "Deutschlands stillster Prozess". Ja, ja, die BILD-Zeitung.

Ja, ja, die BILD-Zeitung. Noch so ein Klops: Donnertagsausgabe, 20. Februar 2007
Reiche können sich zusätzliche Geschlechtsorgane einbauen lassen - für noch mehr Befriedigung." So stand es allen Ernstes in "BILD". Ich kann dies nicht größer kommentieren. Dazu bin einfach zu blöd.

Ganz doll hab' ich mich aber über die genialen Flirt-Tipps vom September 2008 gefreut. So etwas reiße ich immer aus und lege sie auf meinen Designer-Schreibtisch, an dem ich 80 Stunden in der Woche arbeite und erinnere mich an alte Zeiten. Zum Beispiel stand da: "Je tiefer ein Mann spricht, desto anziehender und ehrlicher wirkt er auf Frauen." Also, als ich vor sehr langer Zeit mit einer wirklich supernetten Blondine essen war, sprach ich so tief wie John Wayne nach dem fünften Whisky, doch sie blickte mich besorgt an und fragte: "Sie klingen so komisch, haben Sie Halsschmerzen?" Sic!


Noch etwas feucht-fröhliches: In der Ausgabe vom 16. Mai 2007 verriet Katja Ebstein "ihr Schönheitsgeheimnis". Wie kommt es nur, dass die Sängerin mit 62 noch so gut aussieht, fragt sich das Blatt. Klarer Fall: "Sie behandelt ihre Haut mit ihrem eigenen Urin!" Nun gut, hüstel, das möge jeder halten, wie er will. Nur an der Stelle, an der BILD schrieb: "Früher gurgelte sie damit sogar, gegen Halsschmerzen" - muss ich doch ganz schön schlucken. Ich will das aber auch nicht vertiefen.

"HAMMeRSBALd?" Nein, da wäre noch die verheiratete Pinguindame aus dem Schweriner Zoo, über deren Gatten BILD berichten musste: "Pinguin betrügt nach 25 Jahren seine Frau (33) mit einer Jüngeren (8)."

Wir schreiben den November, den 08. November 2010
Daniela Katzenberger (24), das ist diese Dame mit dem komentenhaften Aufstieg in diesem Scheiß-Privatfernsehsender: - Sorry, ich bin gerade nicht gut drauf. - Sie möchte ihrem Schwesterchen Daniela (18) ebenfalls zum Erfolg verhelfen. In BILD sagte sie: "Ich habe genauso kleine Brüste wie meine Schwester früher. 75 A. Aber Dani hat versprochen, dass sie mir bis zum 21. Geburtstag ein paar größere Brüste schenkt." Stand da so!
Also liebes BILD, wer hat denn das autorisiert? Ein Paar reichen doch locker! Haben Sie es überhaupt gemerkt?

Wir befinden uns Anfang Dezember 2012. "Russenpeitsche", als Begrifflichkeit für einen ja zugegeben etwas frühen Wintereinbruch durch eine Ostwindwetterlage. Das muss man ihr schon lassen, der Bild-Zeitung, sie hat ein feines Gefühl für wahrhaft prägnante Spitznamen. Wie wäre es bei der nächsten kalten Ostwindwetterlage mit "Väterchen-Frost"?



Nun, dies ist anscheinend der Anspruch von Journalistik, deshalb kann man Hintergründe, Zusammenhänge nicht erwarten und Ursachenerklärung erfahren.

Weiterhin gab es diese seltsame Rubrik, in der sich neben dem meist blond gefärbten halbnackten Feger auf Seite 1 etwas Selbstgereimtes von Lesern goutieren ließ. Und dies war meist nicht von schlechten Eltern, wie die wunderbar sensiblen Verse von Leser Hans Günther Wallitzer aus Windsbach (Bayern) beweisen: "Ich kann mich nicht dagegen wehren, dich super Girl tu ich begehren."

Klasse, das macht Mut. Ich kann die Klage, wir seien kein Volk mehr der Dichter und Denker, nicht mehr hören.
[...]



Apropos, das schöne Mädchen von Seite 1: Vor 22 Jahren (2007) erschien zum ersten Mal eine Nackte. Ein Tabu-Bruch?
Wie gehen eigentlich unsere (ständig beleidigten) muslimischen Mitbürger/innen damit um?


Das BILD-Layout wird häufig als "gepflegtes Chaos" bezeichnet. Bestimmt wird es vor allem durch die hart gegeneinander geschnittenen Farben schwarz, weiß, gelb und rot. Und einer Schlag-Zeile, die einen Schlag erzeugen soll.
Weiterhin ist das Layout durch großformatige Fotos, oft sexistisch, sehr viel Werbung, übergroße Überschriften gekennzeichnet.
Die Buchstaben auf der Seite 1 sind im Schnitt 5,5 Zentimeter hoch.

Wer liest die BILD?
Aus einer Umfrage:
98 Prozent der Deutschen kennen BILD. Von 100 Bürgern/innen über 18 Jahren lesen 33% regelmäßig die BILD. Dies bedeutet eine Millionenleserschaft!
So kommt es auch, das sie von mehr Professoren und Akademikern gelesen wird, als die Frankfurter Allgemeine.

57 % lesen sie nie. 10% lesen sie eher selten.
Männer schätzen BILD etwas mehr als Frauen.
Bei der Erhebung wurde eine besonders hohe Verbreitung bei Ungelernten und Arbeitern festgestellt.
Weiterhin - es ist wie beim Rauchen - je geringer die Schulbildung, desto größer die Neigung BILD zu lesen.

Derjenige, der die BILD liest, weiß am Ende nichts, er bleibt unendlich weit von dem entfernt, was er durch eine 15minütige 'Tagesschau' mitbekommt.

BILD ist keine Zeitung, sie ist ein gut gemachtes Unterhaltungsprodukt. Spätestens seit Günther Wallraff weiß man das und das war in den 70er Jahren.



Am Beispiel einer "nackten" Nachricht will ich dies darstellten:

Nachrichtlich:
"In der Nacht zum Freitag stießen bei Nebel auf der Nordsee zwei Tanker zusammen. Das eine Schiff fing Feuer, ein Matrose verbrannte. Aus dem anderen Tanker liefen zehn Tonnen Altöl aus."

Dies sind die möglichen Varianten der BILD-Zeitung:

Menschlich:
"Gestern Nacht kam bei einer Tankerkollision auf der Nordsee (zehn Tonnen Altöl flossen dabei ins Meer) der Matrose Frank Z. (28) kam grausam ums Leben. Der Matrose hatte an der Reling gestanden, als sich die Schiffe im Nebel rammten. Der blonde Junggeselle aus Cuxhaven wurde gegen die Kajütenwand geschmettert und brach sich die Beckenknochen. Dann brach auch noch Feuer in einem Tank aus. In der Panik hörte niemand die verzweifelten Hilferufe des Matrosen. Rettungsmannschaften fanden ihn erstickt auf. Frank Z. wollte in Hamburg für immer von Bord gehen, um seine Braut Manuela L. (22) zu heiraten."

Angst machend:
"Nach einer schrecklichen Tankerkatastrophe auf der Nordsee, bei der ein Matrose den Tod fand, wälzt sich seit gestern Nacht schmutziger, stinkender Ölschlamm auf die nordfriesische Küste zu. Tausende Liter Altöl sind bei der Kollision ins Meer geflossen. An der Küste ist Öl-Alarm gegeben worden. Viele Urlauber sind schon aus den Seebädern abgereist."

Reportagehaft:
"Als Tankerkapitän Hans-Peter Pertersen gestern Nacht um 23:17 Uhr den grauen Schatten im Nebel sah, war es schon zu spät. Krachend und splitternd bohrten sich zwei Schiffsriesen auf der Nordsee ineinander. Feuer brach aus. Für den Matrosen Frank Z. (28) gab es keine Rettung mehr. Eine Stunde Später: Öl-Alarm an der ganzen Nordseeküste..."


Ich weiß nicht, ob Sie mir bis dahin folgen konnten. Falls nicht: Es ist nicht so wichtig. Es gibt schlimmere Dinge. Ich wollte doch nur sagen, probieren Sie es doch ganz einfach einmal mit einer lokalen Tageszeitung.

Aber, aber, wobei, wobei, zur Ehrenrettung unbedingt genannt, die BILD-Zeitung, dahinter steht verantwortlich der Chefredakteur, Kai Diekmann, lässt sich in  ihrer Berichterstattung bei bestimmten Themen nicht weichspülen - so wie bei Hasspredigern, Nazis oder sonstigem durchgebrannten Gesindel.
Bravo, weiter so!




Apropos Unterhaltung. Der deutsche Schriftsteller, Regisseur, Schauspieler und Kabarettist, türkischer Herkunft, Serdar Somuncu las und kommentierte in seinem letzten Programm jeweils die aktuelle Ausgabe der BILD-Zeitung.
In diesem Zusammenhang sei auf seine Internet-Show "Hate Night" verwiesen, in der er wöchentlich aktuelle Themen kommentiert. Leider wurden diese im Juli 2009 auf You-Tube, auf welchen Druck hin auch immer, zensiert.

Wir schreiben den März 2012:

Der Entscheidung nach 27 Jahren, die barbusigen Bild-Girls künftig nicht mehr auf Seite 1 zu drucken, finde ich bedauerlich:
 „Eine Super-Entscheidung“ werden wohl Frauenbeauftragte, Religionspädagoginnen sagen. - Immer, dass muss ich hier zugeben, wenn ich an einem Zeitungskiosk vorbeikam, habe ich als Erstes auf das Bild-Girl geschaut. Und wenn das gut war, habe ich mir die Zeitung gekauft. sic! – Wer mich kennt, weiß natürlich …


Am 23. Juni 2012 wird die "Bild"-Zeitung 60 Jahre alt. Sie hat offenbar schon einen Ort zum Feiern gefunden: Unseren Briefkasten. Der Axel-Springer-Verlag plant, allen deutschen Haushalten ein Exemplar zuzustellen.
Ich weiß nicht, ob man es stoppen kann. Man sollte dies diskutieren.


[...]

 

Christoph Schultheis betreibt Bild-Blog, eine Seite, die täglich einen kritischen Blick auf die Bild-Zeitung wirft.  www.bildblog.de


Aus urheberrechtlichen Gründen wurden hier Fotos
entfernt.
"Für jegliche Art von erneuter Verwendung von Verlagserzeugnissen muss eine Verlagsgenehmigung besorgt werden. Kosten pro Artikel 150 Euro plus Bildrechte plus MwSt."

Ausgabe vom 22. Februar 2007


 
Ausgabe vom 23. Februar 2007



Ausgabe vom 24. Februar 2007

Ausgabe vom (Heiligabend) 24. Dezember 2007
Das sind doch alles nur gehäufte Einzelfälle. Das kann schon mal vorkommen, auch tausendfach.
Oder?







Aus urheberrechtlichen Gründen wurden hier Fotos
entfernt.
 
(München) Ausgabe vom 28. Dezember 2007

"Wir haben zu viele kriminelle Ausländer", hatte Hessens Ministerpräsident Koch (CDU) in einem BILD-Interview gesagt. Politiker und Grünen sind empört, Außenminister Steinmeier spricht von "brutalmöglichsten Populismus".


Ich muss weg, schnell die Bild am Sonntag vom 20. Juli 1997 lesen gehen:
Gerhard Schröder (SPD) (ehemaliger Bundeskanzler), ja er sagte damals: "Wir dürfen nicht mehr so zaghaft sein bei ertappten ausländischen Straftätern. Wer unser Gastrecht missbraucht, für den gibt es nur eins: raus, und zwar schnell."

Fakten zur derzeitigen Debatte:
http://www.berlin.de/imperia/md/content/seninn/
imk2007/beschluesse/imk_185_bericht_top16.pdf


Man könnte zu diesem Thema auch diese Spiegel-TV-Sendung guotieren: http://de.youtube.com/watch?v=6loU_GOTrC4




Ach, ich hätte doch einen Bogen um dieses Thema machen sollen.

















































Ausgabe vom 04. September 2010
"Danke, liebes Bild!" [...]



 

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