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de gustibusnon est disputandum (lat.), Über Geschmack lässt sich nicht streiten.
Deshalb, nur so zur Info. Ach ja, guten Appetit.
 

Fertigsuppen voller Illusionen


Noch sind wir nicht soweit. Lebensmittel aus Abfällen dürfen bei uns noch nicht in großem Maßstab verkauft werden.
Meilensteine auf dem Weg zur nachgemachten Nahrung sind Esserlebnisse, deren Innenleben sich bei näherem Hinsehen als eine raffinierte Mixtur von Illusionen entpuppt.

Ein Beispiel:
Rezept einer handelsüblichen Hühnersuppe "Gärtnerin Art"

35 g Eiernudeln: hergestellt aus Weizenmehl mit Trockenei-Pulver. Diese Spezialanfertigung für Trockensuppen wird zur Verbesserung der Instant-Eigenschaften nach dem Ausformen mit Wasserdampf behandelt.

6 g Salz: Kochsalz; billiger, geschmacksgebender Grundstoff.

5 g Würze: Proteinhydrolysat; künstliche Brühe, gewonnen durch Auflösen von Eiweißresten in Salzsäure. Als Eiweißreste finden Verwendung: Fischmehl, Weizenkleber, Sojaeiweiß (Rückstand nach der Extraktion des Ölanteils mit Leichtbenzin zur Margarineherstellung).

5 g Stärke: Enzymatisch oder physikalisch vorbehandelte Stärke aus Mais („Quellstärke"). Verbessert das „Mouthfeel", verhindert das sofortige Absinken der Gemüsekrümel.

4 g Würzzubereitung:
aus Gewürzextrakten und Spezialaromen vom Typ „Suppenhuhn" und „Suppengrün". Huhnaroma lässt sich z.B. wie folgt herstellen: Man lässt Cysteinhydrochlorid (aus Menschenhaar oder Schweinsborsten gewonnen), Glycinhydrochlorid (z.B. durch Umsetzung Hexamethylentetramin - ein Konservierungsstoff - mit Ammoniak und Chloressigsäure gewonnen), Traubenzucker und Arabinose in Natronlauge bei 95 °C köcheln.

3 g Geschmacksverstärker: Mischung aus Glutamat
Glutamat verstärkt den Fleisch- und Bouillongeschmack, erlaubt also die Verringerung der eingesetzten Aromen; Guanylat und Inosinat verstärken die Wirkung des Glutamats und unterdrücken einen säuerlichen bis bitteren Fehlgeschmack

3 g Huhn: Hühnerklein; 5 mm stark, gefriergetrocknet.

3 g Zucker: Glucosesirup; unterstützt den leicht süßlichen Geschmack von Hühnerfleisch und -brühe.

3 g Fett: Spezielles Fettpulver für Instant-Suppen; z.B. auf der Basis von gehärtetem Sojaöl und Rindertalg. Träger für die Geschmacksstoffe, verbessert das „Mouthfeel".

3 g Huhn: Hühnerklein; 5 mm stark, gefriergetrocknet.

3 g Zucker: Glucosesirup; unterstützt den leicht süßlichen Geschmack von Hühnerfleisch und -brühe.

2 g Gemüse (Lauch, Sellerie, Karotten): kurzzeitblanchiertes Gemüse, anschließend gefriergetrocknet (Lauch, Sellerie) oder explosionsgetrocknet (Karotten).

0,1 g Farbstoff: Beta-Carotin oder Zuckercouleur (E 150); sorgen für den typisch gelblich-bräunlichen Farbton einer „echten" Hühnerbrühe.

0,05 g Antioxidantien: E 310, Propylgallat, und E 320, Burylhydroxyanisol, verhindern das Ranzigwerden des Fettanteils und stabilisieren die Aromen. E 330, Zitronensäure, verstärkt als „Synergist" deren Wirkung.

30 g Maltodextrin: Fällstoff aus hydrolysierter Stärke. Gibt das Gefühl, eine ganze Menge Suppe erstanden zu haben. Das hier angegebene Rezept reicht für vier Teller Suppe.

Zur Deklaration: „Hühnersuppe" kann aus vielen Substanzen konstruiert werden. Bisweilen sogar aus Hühnerbrühe. Die Deklarationsvorschriften sind so beschaffen, dass selbst Fachleute die Zusammensetzung kaum noch entschlüsseln können.


Verfasserangabe: Leider verlegt.
Mai 2006: Durch eine nette Mail von Herrn J. Wilkes erfuhr ich den Verfasser des obigen Textes:
Prof. Dr. Gerd Brucker (PH Weingarten)





 

  Fertigsuppe aus Singapur. Keine Frage, schmeckt nicht schlecht, aber die Inhaltsstoffe?
Ja, ich muss zugeben, wir verfügen ebenfalls über eine dieser beschriebenen "leckeren" Suppen. Haltbar bis Januar 2006!





Wenn Sie sich düpiert finden, dann ist das gut so.
Kleiner Tipp. Gehen Sie am Mittwoch oder Samstag auf den Wiesbadener Wochenmarkt und kaufen Sie bei "Staubach" ein Freilandhuhn (ab und zu gibt es Kapaune!).
Denn je weniger Fertigwaren auf den Tisch kommt, desto weniger Zusatzstoffe sind auch drin. Machen Sie daher öfter man Pause von Fertigsuppen, Fertigsaucen und Mikrowelle, Tiefkühlpizza und richten Sie wieder selbst was an.




Ein Rezept folgt demnächst ...
Vorab: Hühnerbrühe pur

Die Karkasse (mit oder ohne Hühnerbeine) bedecken Sie knapp mit kaltem Wasser. Geben Sie eine halbierte Zwiebel und einige Knoblauchzehen dazu. Lassen Sie bei Ihrer ersten Brühe alle anderen Gewürze und Gemüse weg - der Geschmack des Huhns reicht völlig.
Schon beim nächsten Mal können Sie experimentieren und zum Beispiel Wacholderbeeren, Lorbeerblätter, Fenchelsamen oder etwas Gemüsebrühe von 'Cenovis' aus dem Reformhaus hinzugeben. Salzen Sie erst gegen Ende.

In ca. 45 Minuten ist eine verantwortbare Hühnerbrühe fertig, die selbst von Tante Hedi geschätzt wird.

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